Kappungsgrenzen bei überhöhten Mieten

Redebeitrag von Wolfgang Schlagwein zur Verordnung über Kappungsgrenzen

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sie sehen, meine Fraktion will mich ans arbeiten kriegen. Das schadet mir nicht. Allerdings spreche ich jetzt schon das zweite Mal über eine Eingriffsregelung zu Ihnen. Gestern über einen Eingriff in die Lebensplanung Anderer, jetzt über einen Eingriff ins Eigentum.

Solche Eingriffe, ins Eigentum, in ein Marktgeschehen,  muss man sich gut überlegen. Hat man aber gute Gründe – und die Verordnung über Kappungsgrenzen bei überhöhten Mieten hat gute Gründe – darf man auch nicht zurückschrecken. Wenn Entwicklungen aus dem Ruder laufen, wenn sie überschießen, wenn Märkte nicht funktionieren, müssen wir Leitplanken setzen. Das ist meine Überzeugung, die Überzeugung meiner Fraktion wie auch der rot-grünen Koalition. Das gilt erst recht, wenn der Bundesgesetzgeber uns ausdrücklich ermächtigt, in solchen Situationen einzugreifen und er uns das dazu notwendige Instrumentarium bereit stellt.

In diesem Fall ist es das Mietrechtsänderungsgesetz des Bundes, das es den Bundesländern ermöglicht, per Verordnung über Gebühr steigende Mieten zu begrenzen. Viele von uns waren ja gestern beim parlamentarischen Abend der Liga der freien Wohlfahrtsverbände. Da ging es um solidarische Gemeinschaft, um verantwortliche Sozialpolitik, um eine gerechte Gesellschaft. Zweimal wurde die katholische Soziallehre angesprochen. Es paßt also gut, am Folgetag dieses parlamentarischen Abends zu debattieren, wie die schönen Worte denn in politisches Handeln, in konkrete politische Schritte zu übersetzen sind.

Einen solchen Schritt hat die Landesregierung mit der Kappungsgrenzen-Verordnung jetzt getan. Sie hat es getan auf Beschluß des Landtages vom Juli 2013 und auf Basis einer Verordnungsermächtigung des Bundes. Die Verordnung bedeutet kein Verbot von Mieterhöhungen, schon gar nicht in ganz Rheinland-Pfalz. Sie setzt aber Grenzen für Mieterhöhungen, und sie tut dies nicht undifferenziert über die Fläche, sondern gezielt dort, wo es wirklich Not tut. Dort, wo die Wohnungsmärkte angespannt sind, wo soziale Verwerfungen und Verdrängung von Wohnbevölkerung drohen. Es ginge auch gar nicht überall: Voraussetzung für die Beschränkung der Kappungsgrenze ist gemäß § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB, dass in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Solche unbestimmten Rechtsbegriffe sind sehr sorgfältig zu prüfen und mit belegbaren Daten zu füllen.

In diesem Fall ist das geschehen mit Hilfe von 4 Indikatoren (Leerstandsquote, Mietbelastungsquote, Mietsteigerungen und Miethöhe), ermittelt durch die Wohnungsmarktstudie für Rheinland-Pfalz. Auf dieser Grundlage ließen sich schließlich 4 Städte (Mainz, Trier, Speyer und Landau) identifizieren, in denen die Voraussetzungen für eine Kappungsgrenze gegeben sind. Wenn ich das Protokoll der Sitzung des Landtages vom Juli 2013 (da ging es um das Problem der steigenden Mietpreise) richtig gelesen habe, waren alle Fraktionen einig: Eine Mietpreisgrenze für bestehende Mietverträge, ja, das aber nur regional differenziert und nicht quer über die Fläche.

Zur regionalen Differenzierung fand ich einen schönen Satz:

„Die Sorgen der Stadt sind nicht die Sorgen der Dörfer“
– (Abg. Schreiner).

Ich teile diese Auffassung. Und deshalb bin ich sehr froh, daß die Landesregierung auch auf unterschiedliche Instrumente für unterschiedliche Problemlagen setzt. Die Sorgen einer wachsenden Zahl von Dörfern und Städten, wo, wegen des demographischen Wandels, uns jedes neue Haus am Ortsrand ein Haus im Ortskern kostet, sind andere als die Sorgen in Speyer oder in Mainz.

Deshalb war es gut, daß die Ministerinnen Lemke und Ahnen vorgestern für dieses ganz anderen Sorgen auch ein ganz anderes Instrument vorgestellt, nämlich den Folgekostenrechner zur Baulandentwicklung. In diesem Fall keine Eingriffsregelung, kein Ordnungsrecht, sondern eine Planungshilfe zur besseren Abschätzung von kommunalen Planungsentscheidungen. Also, ich bin ganz dankbar, daß ich hier nicht nur Ordnungsrecht vertreten muss. Das ist das Schöne im Bereich Bauen und Wohnen: die Vielfalt der Instrumente für unterschiedliche Situationen.

Zum Schluss will ich noch unsere Städtebauförderung hier in Deutschland ansprechen, Programme wie  zum Beispiel die „Soziale Stadt“. Man mag über unzureichende Fördermittel klagen, aber solche Programme haben mitgeholfen, daß sich hier bei uns Situationen wie in den französichen Banlieus nicht herausgebildet haben. Frankreich kennt diese Kultur der Städtebauförderung nicht, und wir sollten sie uns mit Blick auf die jüngsten Ereignisse in Frankreich diese Städtebauförderung bewahren.

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